Autorin auf Fähre vor Kap Dukato (Lefkas/Griechenland)

 

Greta

Godberg

 

 

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Sheikh-Lotfollah-Moschee in Isfahan

-- Reise-Berichte --

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R e i s e n

- Von Casablanca bis Kyoto -

 

 

I r a n    2019

Reise mit Mietwagen, Zug und Taxi durch den Iran

(Zurückgelegt: ca. 3500 km)

 

 

Die "Tanzenden" in der Sheikh-Lotfollah-Moschee
Mosaik-Wand im Hauptraum der Lotfollah-Moschee in Isfahan

 

 

 

Isfahan - Nesfe Jahan : Hälfte der Welt
Stadt der Moscheen und Paläste

 

 

Blick auf die Medresse in Isfahan im Jahr 1967
Medresse Madar-e-Shah vom Hotelbalkon 1967/68

 

Mehrfach gefragt, welche Städte uns während unserer Reisen und Aufenthalte am besten gefallen haben, oder besser, welche wir besonders lieben, gab und gibt es (bisher!!!) nur eine Antwort: Isfahan und Kyoto. In meinem im Iran spielenden Roman "Irrfahrt", habe ich zu Isfahan (im Jahr 1967) geschrieben: Sie waren spät in der Nacht mit dem Bus angekommen. Als sie morgens ihr Zimmer im zweiten Stock des Hotels über den terrassenartigen Umgang verließen, fiel ihr Blick durch die winterkahlen Zweige der Chahar Bagh-Allee direkt auf die Kuppel und die Minarette der gegenüber liegenden Medresse. Sprachlos vor Überraschung blieben sie stehen und konnten sich nicht satt sehen. Nie zuvor auf dieser Reise, sagte Milena nach einer Weile, habe sie so etwas tiefgreifend Anrührendes, etwas so … Augenschmeichelndes gesehen wie diese türkisfarbene mit Blütenampeln aus Mosaiksteinen rundum geschmückte Kuppel, lackglänzend unter dem wolkenlos blauen Winterhimmel. Und dann stürzten sie hinüber …

 

Der prächtige Naqsh-e-Jahan-Platz in Isfahan - 2006 noch nicht verkehrsberuhigt
Meidan-e-Naqsh-e-Jahan in Isfahan vom Bazareingang

Nun, jetzt war nicht Winter, vielmehr heißer Spätsommer und wir stürzten nicht hinüber zur Medresse, sondern nahmen, da wir (gleichfalls!) wegen der späten nächtlichen Ankunft lange geschlafen hatten, fast schon zur Mittagszeit ein Taxi zum Naqsh-e-Djahan Platz. Um 1602 vom Safawiden-Herrscher Abbas dem Großen (1571 - 1629) angelegt, ist er einer der größten Plätze der Welt - und mit seinen vier Prachtbauten einer der schönsten: Mit der großen SHAH-MOSCHEE, deren Kuppel, Minarette, Wände und Liwane über und über mit ornamentverzierten Kacheln und Mosaiken bedeckt sind, der SHEIKH LOTFOLLAH MOSCHEE, Privatmoschee des Königs, kleiner, jedoch im Dekor sowohl außen als auch innen noch elaborierter gestaltet, mit dem prunkvollen ALI QAPU PALAST und dem ebenfalls mit typisch orientalischen Mustern geschmückten, einstmals drei-, inzwischen zweigeschossigen QEYSARIEH-PORTAL, dem Eingang zum großen Bazar - Wunderwe rke der Bau- und Gestaltungskunst allesamt. Und ein "Wunder", ein doppeltes sogar, erwartete uns in der Mittagshitze des Tages im Kuppelsaal der Shah-Moschee, in der an einer mittig gelegenen Stelle im Boden beim Aufstampfen mit dem Fuß, mit einem Händeklatschen oder gar geflüstertem Wort acht bis neun Echolaute von der Kuppel herab durch den Raum schallen (für feine Ohren sogar zwölf, heißt es), "Wunder" Nummer eins. Da wir darum wußten und es in früheren Zeiten vielmals erprobt hatten, war es keine Überraschung, "Wunder" Nummer zwei hingegen aber schon.

 

Die große Innenkuppel der Shah-Moschee - berühmt auch für ihr Echo
Große Kuppel der Shah-Moschee in Isfahan

 

Während wir in der Halle umhergingen, sprach uns ein Führer an. Als ihm klar wurde, dass wir sowohl Isfahan als auch die Moschee gut kennen, fragte er, ob er uns zum Willkommen (und Allah zu Ehren) von jener besagten Stelle aus den islamischen Gebetsruf Azan - der gleichzeitig Glaubensbekenntnis ist - vorsingen dürfe. Natürlich bejahten wir erfreut und tatsächlich war diese Darbietung, dieses Gebet, für uns das Ereignis, ja, das Highlight des Tages. Unter der mit Mosaiken ausgekleideten Kuppel stehend, sang er mit ausdrucksvoller Stimme, klar akzentuiert und intoniert, dazu, wie es schien mit innerer Überzeugung, jedoch ohne Pathos den Azan. Obwohl wir früher in Teheran unweit einer Moschee gewohnt und den Ruf zum Gebet (fünfmal am Tag) immer gern gehört und geliebt hatten - so innerlich anrührend und nah war er uns nie gewesen wie in diesem Augenblick. Wir fühlten uns beschenkt und verschoben weiteres Sightseeing auf den nächsten Tag. In einem hübsch gestalteten Innenhof seitlich vom Platz fanden wir ein Café, tranken – mit Blick auf den von Blumenrabatten umgebenen Springbrunnen - Tee zum sehr leckeren "home made" Möhrenkuchen. Im Innern des Cafés hing übrigens ein Bild, das Jesus mit seinen Jüngern beim letzten Abendmahl zeigt, d.h. wir waren offenbar bei einem Christen eingekehrt.

 

Der Sänger des Azan in der Shah-Moschee
Azan-Sänger in der Shah-Moschee
Teepause im christlichen Café
Teepause im Café von vermutlich Armeniern

 

Abendaufnahme des Medressen-Moschee-Ensembles Obwohl der Platz für uns stets eine große Bedeutung hatte, wir ihn zur Begrüßung, zum Abschied oder bei nächtlicher Beleuchtung immer gern umgangen oder auch noch einmal rasch umfahren hatten (was heute wegen der Verkehrsberuhigung nicht mehr möglich ist), war er für uns trotz allem nur das "Halbe Herz" Isfahans, die andere Hälfte gehört der oben erwähnten Medresse Madar-e-Shah, von Shah Sultan Hossein (1668-1726) für seine Mutter errichtet. Medressen-MinaretDorthin sind wir, wie oben geschildert, beim ersten Besuch Isfahans "gestürzt", haben seinen an einen Garten erinnernden Innenhof bewundert: die ihn umgebenden doppelstöckigen Arkaden-Mauern mit den Wohnzellen für die Studierenden, die vier prächtig ausgestalteten Liwane, den von Sträuchern und Blumenbeeten gesäumten Wasserlauf in der Mitte des Hofes und vor allem, und immer wieder aufs Neue mit Staunen das einzigartige Moschee-Ensemble: Die von den beiden hochragenden Minaretten flankierte Kuppel, geschmückt alle drei mit geometrischen und floral anmutenden Mosaikfliesen auf türkisfarbenem Grund. Hier, an diesem Ort, entlang des Wasserlaufs, ist Jahre später unser damals zweijähriger Sohn zusammen mit seiner gleichaltrigen Freundin um die Wette gelaufen, hin und zurück, wieder und wieder, hier sind wir mehrmals, sogar noch nach der Revolution, gegen ein kleines Entgelt an den Aufseher, zu dritt die schmale Stiege zum Dach hinaufgeklettert, haben die Kuppel und die Minarette auf Augenhöhe betrachtet, und mit zärtlichen Händen über die Mosaiken mit den Arabesken und Schriftbändern gestrichen.

Während unserer Reise 2006 war die Medresse zu unserem Bedauern für Besucher geschlossen, in diesem Jahr war sie jedoch donnerstags ab18.00 Uhr und freitags ganztägig geöffnet. In der Erwartung, unseren "Sehnsuchtsort" in abendlich-strahlender Beleuchtung zu erleben, sind Rüdiger und ich gleich am Donnerstagabend hineingegangen. Es war eine Enttäuschung. Abgesehen von den vier Liwanen lag der ganze Bezirk, Kuppel und Minarette eingeschlossen, im Halbdunkel. Ein Liwan fiel uns wegen seiner von der Decke herabhängenden Girlanden aus Elektrobirnchen in den Farben der iranischen Flagge grün-weiß-rot ins Auge. Er war in eine Verehrungsstätte für Märtyrer verwandelt worden.

Gedenkstätte für die gefallenen Koran-Schüer

Auf einem Bett aus Kies erinnerten halbkreisförmig im Raum verteilte Standfotos an die 145 Studenten der Koranschule, die im Irak-Iran-Krieg (1980-1988) gefallen waren. Was konnten wir dagegen haben? Nichts! Und doch fühlten wir uns unbehaglich, verspürten den Impuls, die Medresse rasch zu verlassen. Andererseits - verbreitete nicht auch die "Verdunkelung" dieses stets als licht empfundenen Ortes, an dem wir übrigens die einzigen Besucher waren, in seiner Stille eine seltsam geheimnisvolle Atmosphäre? Konnten wir diesen abendlichen Besuch tatsächlich nur als "totale Enttäuschung" verbuchen? Schwankend zwischen ja und nein, entschlossen wir uns zu einem nochmaligen Rundgang und stellten fest, dass wir hier doch nicht ganz so allein wie vermutet waren. Auf einer Bank im Mittelteil des Innenhofs hatten sich in der Zwischenzeit zwei Mullahs niedergelassen und unterhielten sich leise, beinahe flüsternd. Als sie uns entdeckten, standen sie höflich auf und nickten uns freundlich unter Verbeugungen zu. Auch wir verbeugten uns. Grüßend und gleichzeitig Abschied nehmend, strebten wir dann aber doch zügig dem Ausgang, und nachdem ich meinen Tschador abgelegt hatte, unserem an die Medresse grenzenden Refugium zu.

 

Garten des Abbassi-Hotels am Abend (2006)
Garten des Abbassi-Hotels im Jahr 2006

 

Es ist der parkähnliche Garten des noblen Abbassi-Hotels, das einstmals eine der Medresse angegliederte Karawanserei war. Umschlossen von Mauern aus früheren Übernachtungszellen (heute Hotelzimmern), verschwenderisch mit Bäumen, Sträuchern und Blumenbeeten ausgeschmückt, mit einem Wasserlauf und Springbrunnen in lauschigen Ecken, ist es ein echt orientalischer Wohlfühlort, vor allem am Abend und im Sommer. Niedergelassen für ein - oder zwei! - Gläschen Tee mit Kandiszucker und eine nahrhafte, gaumenkitzelnd gewürzte Nudelsuppe, kann man den Tag ausklingen lassen, eingehüllt in Rosenduft und mit Blick auf die Kuppel der Medresse. Sie ist allerdings zurzeit kein wirklich "augenschmeichelnder" Anblick. Wie viele Moscheekuppeln Isfahans ist sie wegen Sanierungsarbeiten bespickt mit einem Gerüst aus Metallstäben. Schade!

Am Freitagvormittag haben wir dann doch noch unser altes "Madar-e-Shah-Paradies" wiedergefunden. Im Sonnenlicht sind wir zu viert in aller Ruhe durch die Medresse gewandelt, haben im Detail die Fliesenmosaike, insbesondere den Stalaktitenschmuck der drei unveränderten Liwane bewundert und ein bisschen auch in Erinnerungen geschwelgt. - Zwei Tage später verließen wir Isfahan, unsere "Juwelen-Stadt", die mit ihrem Bazar, den alten Brücken über den Fluss Zayandeh, der Freitagsmoschee ebenso wie der Erlöserkirche (Vank-Kathedrale) im armenischen Viertel Djulfa und anderen Sehenswürdigkeiten weitaus mehr zu bieten hat, als ich für diesen Bericht aufgeschrieben habe.

Als letzter Eindruck vom abendlichen Leben in Isfahan ein kurzer Film:

Spätsommerliches Flanieren an der Si-o-seh-Pol-Brücke in Isfahan

 

 

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